Parkinsonerkrankung – Todeswunsch
Ein bisher gesunder Patient äußert nach Erstdiagnose einer Parkinsonerkrankung einen dringenden Todeswunsch und die Absicht, Suizid zu begehen.
Ein 55-jähriger Patient stellt sich in Begleitung seiner Ehefrau in der psychiatrischen Universitätsklinik vor. Bei dem bis dahin gesunden Gymnasiallehrer wurde vor drei Monaten eine Parkinsonerkrankung diagnostiziert. Die Angehörigen beschreiben einen sozialen Rückzug und seit zwei Monaten eine fast vollständige Vernachlässigung früherer Interessen. Der Patient sagt, er habe sich im Internet gut informiert und sei zu der Entscheidung gekommen, das unweigerliche Siechtum einer Parkinsonerkrankung mit baldiger vollkommener Hilflosigkeit nicht erleben zu wollen. Auch sein Gedächtnis habe nachgelassen, er bekomme sicher auch eine Demenz und habe Kontakt zu einer Sterbehilfeorganisation in der Schweiz aufgenommen, was seine Familie jedoch bemerkt habe. Er verstehe nicht, warum man seine Entscheidung nicht respektieren wolle, er würde ja auch seine Familie mit dieser Entscheidung entlasten.
Sehr widerwillig erklärte sich der Patient auf Drängen seiner Familie zu einer stationären psychiatrischen Behandlung bereit, obwohl er darin keinen Sinn sehe. Im Aufnahmebefund imponierte eine ausgeprägte depressive Symptomatik mit wahnhafter Überzeugung einer unmittelbar bevorstehenden Hilfs- und Pflegebedürftigkeit durch die Parkinsonerkrankung. Im Verlauf einer sechswöchigen pharmakologischen und psychotherapeutischen Behandlung zeigte sich ein vollständiger Abbau der depressiven Symptome. Die überwertigen gesundheitlichen Sorgen relativierten sich und weichen einer angemessenen Einschätzung. Die Parkinsonsymptome zeigten sich unter der spezifischen Behandlung deutlich gebessert.
Nicht selten wird durch eine Depression die Bewertung einer körperlichen Erkrankung dramatisch verändert und führt immer wieder zu gefährlichen Schlussfolgerungen. Immer wieder werden sogar Todeswünsche geäußert; Sollte man diesen Todeswunsch einfach akzeptieren?
Besteht bei Patienten der Wunsch zu sterben oder ein Suizidwunsch, so muss auch bei Vorliegen einer schweren körperlichen Erkrankung zunächst immer eine psychische Erkrankung wie zum Beispiel eine schwere Depression bedacht und fachkundig abgeklärt werden. Auch bei körperlich Kranken können regelmäßige vertrauensvolle Gespräche helfen und den Sterbewunsch in den Hintergrund treten lassen.
In Anlehnung an einen Artikel im Deutschen Ärzteblatt am 27.03.2015.