Blutspenden sind nach wie vor in der Medizin unverzichtbar
Thema des Monats Juni 2018
„Blut ist ein ganz besondrer Saft“, belehrt Mephisto den Faust, als er diesen auffordert, den vereinbarten Pakt mit Blut zu unterzeichnen. Diese Aussage ist in Zeiten moderner Hochleistungsmedizin aktueller denn je: Abgesehen vom seit rund 100 Jahren gängigen Einsatz von „Blutkonserven“ bei Operationen, Blutverlust oder Blutarmut, werden aus dem besonderen Saft unter anderem Gerinnungsfaktoren und Stammzellen gewonnen sowie Immunzellen gezielt herausgefiltert und verändert, um beispielsweise die Krebstherapie zu unterstützen.
Jedes Jahr werden in Deutschland rund 4 Millionen Bluttransfusionen verabreicht, Tendenz fallend. Seit rund fünf Jahren ist der Verbrauch von Spenderblut um 20 Prozent gesunken, am Universitätsklinikum Heidelberg auf rund 55.000 Blutkonserven pro Jahr. „Moderne Operationsmethoden wie die minimal-invasive Chirurgie sind mit deutlich geringerem Blutverlust verbunden. Auch Krebstherapien wirken heute gezielter, das blutbildende Knochenmark wird nicht mehr so stark in Mitleidenschaft gezogen – die Patienten benötigen ebenfalls weniger Spenderblut“, erklärt der Transfusionsmediziner.
Die Ursprünge der Transfusionsmedizin liegen übrigens in Heidelberg: Nachdem der Wiener Mediziner Karl Landsteiner 1901 verschiedene Blutgruppen nachgewiesen hatte, wurden für diese am Universitätsklinikum Heidelberg die Bezeichnungen A/B/0 festgelegt und erstmals als Grundlage eines Vaterschaftstests an hiesigen Professoren erprobt. Mit dieser einfachen Einteilung gibt man sich heute nicht mehr zufrieden. Um eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen Spender- und Empfängerblut zu gewährleisten und damit die Risiken für den Empfänger möglichst gering zu halten, unterscheiden Transfusionsmediziner inzwischen bis zu 15 Blutgruppensysteme mit mehr als 100 Merkmalen.
Damit durch Spenderblut keine Erkrankungen übertragen werden, wird jeder potentielle Spender untersucht, nach Risikofaktoren, wie Lebenswandel und Auslandsreisen, befragt, das Blut anschließend auf sieben Erreger, darunter HIV und Hepatitis-Viren, getestet. „Die Transfusionsmedizin ist der mit am stärksten regulierte Bereich der Medizin. Dem ist zu verdanken, dass in den letzten fünf Jahren in ganz Deutschland keine Infektionskrankheit mehr durch Blutprodukte übertragen wurde“, so Professor Meuer (Direktor des Instituts für Immunologie am Universitätsklinikum Heidelberg sowie Geschäftsführer des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Zelltherapie gGmbH Heidelberg). „Hier in Heidelberg ist das in meiner gesamten Dienstzeit von inzwischen 22 Jahren kein einziges Mal vorgekommen.“ Der Vermeidung von Risiken ist es auch geschuldet, dass bisweilen Spender abgelehnt werden: Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun.
Ein weiterer Schwerpunkt des Heidelberger Instituts für klinische Transfusionsmedizin und Zelltherapie gGmbH, einer Tochter des Universitätsklinikums, ist die Stammzellspende. Die Stammzelltransplantation hat die Behandlung von Blut-, Lymphdrüsen- und Knochenmarkkrebs revolutioniert. Bis zu 70 Prozent der Transplantationen verlaufen heute erfolgreich, je nach Art und Ausprägung des Blutkrebses. Im Heidelberger Stammzellspenderregister sind mittlerweile ca. 65.000 potentielle Spender erfasst. Die Stammzellen werden dem Spender in einem der Blutwäsche ähnlichem Verfahren ambulant entnommen.
Wo die Immunzellen aus dem Blut selbst zum Problem werden, zeigt ein Ausflug in die Transplantationsmedizin. Damit sie das körperfremde Organ nicht innerhalb kürzester Zeit angreifen und zerstören, müssen sie mit mehreren Medikamenten unterdrückt werden. Das hat Folgen für den Körper: Das Krebs- und Infektionsrisiko steigt. „Ziel muss es sein, eine Restaktivität des Immunsystems zu erhalten. Leider gibt es bisher kaum Möglichkeiten, die Immunsuppression individuell einzustellen – das bleibt eine Herausforderung der kommenden Jahre“, sagt Meuer.
[aus einer Pressemitteilung der Universität Heidelberg vom 12.01.2017]