Meningitis (Hirnhautentzündung) durch Neisseria meningitidis (Meningokokken)
Thema des Monats September 2015
Meningokokken siedeln sich Nasen-Rachen-Raum des Menschen an und sind dort bei etwa 10% der Bevölkerung ohne Beschwerden nachweisbar. Aufgrund der Zusammensetzung der Kapselbestandteile werden 12 Typen unterschieden.
Meningokokken-Erkrankungen treten weltweit auf. Große Epidemien, bedingt in erster Linie durch Meningokokken der Serogruppe A, aber auch W und X, traten in den vergangenen Jahrzehnten überwiegend im Meningitisgürtel der Subsaharazone und in Asien auf. Sich langsamer entwickelnde Epidemien durch Meningokokken des Serotyps B wurden in den letzten Jahrzehnten in Europa (Island, Norwegen, Irland, Spanien, den Niederlanden), den USA, Mittelamerika und Neuseeland beobachtet.
In Europa und Nordamerika treten die Erkrankungen gehäuft im Winter und im Frühjahr auf. In den ersten drei Monaten des Jahres sind 30 bis 40% der Erkrankungen zu verzeichnen.
In Industrieländern treten Meningokokken-Erkrankungen in der Regel nur noch als Einzelerkrankung oder in Form von kleineren Häufungen auf. Die Mehrzahl der Erkrankungen wird durch die Serogruppen B und C verursacht, wobei in den USA seit Ende der 80er Jahre der Anteil der durch die Serogruppe Y bedingten Erkrankungen von früher ca. 2% auf aktuell 20 bis 30% aller Meningokokken-Erkrankungen angestiegen ist.
In Deutschland wurde seit 2003 ein Rückgang der Erkrankungshäufigkeit beobachtet. Die Mehrzahl der Erkrankungen wird durch Erreger der Serogruppe B (ca. 65-70%) und C (ca. 20-25%) verursacht, während andere Serogruppen sehr selten beobachtet werden. Der Anteil der Erkrankungen durch Erreger der Serogruppe C hat sich vor allem bei Kleinkindern verringert, seitdem im Jahr 2006 für alle Kinder im ersten Lebensjahr eine Impfung mit einem konjugierten Meningokokken-C-Impfstoff empfohlen wurde.
Da die Erreger gewöhnlich außerhalb des Körpers rasch absterben, ist für eine Infektion ein enger Kontakt mit Übertragung von Sekreten aus dem Mund-Rachen-Nasen-Raum erforderlich. Eine Begegnung von Menschen ohne engen Kontakt führt in der Regel nicht zu einer Ansteckung.
Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 3 bis 4 Tage, sie kann allerdings auch zwischen 2 und 10 Tagen liegen.
Patienten gelten als ansteckend im Zeitraum bis zu 7 Tage vor Beginn der Symptome und bis 24 Stunden nach Beginn einer erfolgreichen Therapie mit ß-Laktam-Antibiotika. Drittgenerations-Cephalosporine (insbesondere Ceftriaxon) führen zu einer Keimentfernung des Patienten. Eine Penicillin-Therapie führt vermutlich nur zu einer Unterdrückung, aber nicht zu einer langfristigen Auslöschung der Meningokokken.
Meningokokken-Erkrankungen verlaufen in ca. zwei Drittel der Fälle als Meningitis. In ca. einem Drittel der Fälle ist der Verlauf durch eine Sepsis gekennzeichnet, die bei 10 bis 15% der Erkrankungen als eine besonders schwere Form des septischen Schocks, als Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, auftreten kann. Diese Verlaufsform ist durch eine sehr hohe Sterblichkeit gekennzeichnet.
Bei Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung muss eine sofortige Krankenhauseinweisung erfolgen. Patienten müssen bis zu 24 Stunden nach Beginn einer spezifischen Therapie isoliert werden. In dieser Zeit sind vom betreuenden Pflegepersonal und von den behandelnden Ärzten Barrieremaßnahmen zu beachten: strikte Händehygiene, die Verwendung von Schutzhandschuhen und das Tragen eines Schutzkittels (der im Patientenzimmer verbleibt). Entsprechend § 34 Abs. 1 Nr. 10 Infektionsschutzgesetz dürfen Personen, die an einer Meningokokken-Infektion erkrankt oder dessen verdächtig sind, in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist.
Enge Kontaktpersonen haben ein erhöhtes Risiko, an einer Meningo¬kokken-Infektion zu erkranken, und sollten daher über Frühsymptome (Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen) informiert werden, bei denen unbedingt ein Arzt konsultiert werden muss.
Bei ihnen wird eine Chemoprophylaxe schnellstmöglich empfohlen. Mittel der Wahl für Kinder ist Rifampicin für 2 Tage. Für Erwachsene ist außerdem Ciprofloxacin (einmalige Dosis 500 mg p.o.) zugelassen. Bei Schwangeren ist Ceftriaxon i.m. das Mittel der Wahl. Das darin enthaltene Lidocain gilt in dieser einmaligen Dosierung trotz des generellen Hinweises der Roten Liste auf eine Kontraindikation von Lidocain als unbedenklich in der Schwangerschaft.
Dem Gesundheitsamt wird der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis namentlich gemeldet.
[zusammengestellt aus Informationen des Robert-Koch-Instituts]