Aufmerksamkeitsdefizit-, Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
Thema des Monats April 2018
Diese Störung beschreibt eine in der Kindheit beginnende, zumindest 6 Monate überdauernde und situationsübergreifend auftretende Entwicklungsstörung mit der Kernsymptom-Trias Unaufmerksamkeit, Impulsivität und/oder motorischer Unruhe. Das Ausmaß der Kernsymptome entspricht hierbei nicht dem Alter, dem Entwicklungsstand und der Intelligenz des Betroffenen. Neuere Studien legen nahe, dass die Symptomatik auch erst im Erwachsenenalter beginnen oder klinisch bedeutsam werden kann.
Bei etwa 75% der Betroffenen besteht eine weitere psychische Störung. Umschriebene Entwicklungsstörungen (Motorik, Sprache, schulische Fertigkeiten), Angststörungen und Tic-Störungen sowie eine oppositionelle Trotzstörung treten früh in der Entwicklung auf.
ADHS tritt familiär gehäuft auf. Es zeigen sich aber auch Zusammenhänge mit mütterlichem Stress, Nikotin- oder Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, niedrigem Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit, ungünstigen psychosozialen Bedingungen.
Die Mechanismen an sich in der Entstehung von ADHS sind bislang noch unzureichend geklärt.
Grundlage jeder therapeutischen Intervention ist die Psychoedukation zur Vermittlung von Informationen über das Störungsbild und mögliche Behandlungsansätze der Eltern und auch des Kindes oder Jugendlichen in altersangemessener Form. Darüber hinaus hat die medikamentöse Therapie einen hohen Stellenwert. Insbesondere skandinavische Studien legen nahe, dass die medikamentöse Behandlung der ADHS die Risiken für delinquentes Verhalten, Substanzmissbrauch, suizidales Verhalten und Unfälle signifikant und bedeutsam reduziert. Insgesamt ergeben sich unter medikamentöser Behandlung günstigere Verläufe der Kernsymptomatik, assoziierter psychiatrischer Störungen und relevanter funktioneller Beeinträchtigung, wenngleich in der Regel keine Normalisierung erreicht wird. Im Vorschulalter und bei leicht ausgeprägter Symptomatik im Schulalter ist immer der Verhaltenstherapie der Vorzug zu geben. Eine primär medikamentöse Therapie ist ab dem Schulalter indiziert, wenn eine stark ausgeprägte und situationsübergreifende ADHS-Symptomatik besteht, die zu einer erheblichen funktionellen Beeinträchtigung führt. Im Erwachsenenalter ist die medikamentöse Therapie primäre Behandlungsoption. Die Wirkung ist durch regelmäßige (in der Regel jährliche) Auslassversuche zu überprüfen.
[Quelle: Deutsches Ärzteblatt, 03.03.2017]